Freiheit und Unfreiheit in der Grundherrschaft

Im Mittelalter wurde der gesellschaftliche Stand eines Menschen durch die Geburt
bestimmt. Neben den voll handlungs- und rechtsfähigen sowie mit politischen
Rechten ausgestatteten Freien gab es die Unfreien, die im rechtlichen Sinne nicht als
Person, sondern vielmehr als Sache galten. „Unfreie Grundholden etwa konnten
ihren Wohnsitz nicht frei wählen, sie waren in gewisser Weise ein Teil der
Ausstattung des Ackerlandes, auf dem sie lebten. Wollte ein Grundholde heiraten, so
bedurfte er der Zustimmung seines Herrn […]. Starb ein Grundholde, so besaß der
Grundherr mitunter das Recht, aus dem Stall des Verstorbenen das beste Stück Vieh
an sich zu nehmen (Besthaupt) oder aus dessen Behausung den wertvollsten
Gegenstand seiner Wahl (Beststück).“ Außer Freien und Unfreien gab es ferner
Zwischenschichten, denen freigelassene Unfreie oder in Abhängigkeit geratene Freie
angehörten und die in der Regel nur mit dem von ihnen bewirtschafteten Grund und
Boden veräußert werden konnten. „Derartige Regelungen belegen eindeutig […],
dass Grundherrschaft eben nicht nur Herrschaft über Grund und Boden war, sondern
wesentlich die Herrschaft über die Personen, die auf diesem Boden lebten,
einschloss.“


Harald Müller: Mittelalter, Berlin 2008, S. 63.

 

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